2.6. Hong Kongs Wirtschaft in Zahlen II. Prognose 1. Vergleich zweier Zukunftsprognosen 2. Eigene Bewertung der Zukunftsaussichten
2.6. Hong Kongs
Wirtschaft in Zahlen
Ein wichtiger Indikator für die Wirtschaft ist das Bruttosozialprodukt. Seine Entwicklung gibt Auskunft über das Wachstum der Wirtschaft. Man kann die Auswirkungen von Krisen wie an Jahresringen von Bäumen ablesen.
Auffällig ist der erste Einbruch 1952. Hier kam die Blockade gegen China voll zum Tragen. Die Verspätung um zwei Jahre mit der die Rezession eingetreten ist, läßt sich dadurch erklären, daß zum einen die Blockade noch nicht wirksam kontrolliert werden konnte zum anderen und weit wichtigeren hielt bis zu diesem Zeitpunkt der Kapitaltransfer aus China an. Erstaunlich ist, daß dieser Transfer den Einbruch des Sozialprodukts über zwei Jahre hinweg kompensieren konnte. Es folgen zyklisch bedingte Schwankungen, bis 1965 sich die Kulturrevolution abzuzeichnen beginnt. In dieser Phase geriet die Wirtschaft nicht in Panik, so daß die Furcht vor China nur das Wachstum hemmen, aber nicht zu einer tiefen Rezession führen konnte. Die Ölkrise Anfang der 70er wurde von der Kolonie erfolgreich ausgeglichen. Die schon oben beschriebene kurzfristige Senkung der Löhne hatte einen maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung. Dennoch kam 1975 das Wachstum zum Stillstand. Der Wachstumsstillstand 1985 hat zyklische Gründe, die verstärkt zum Tragen kamen, da in dieser Zeit eine Bankenkrise auftrat, die bis 1988 anhielt. Sie wurde durch die enorme Spekulationsbereitschaft der chinesischen Banken hervorgerufen. Die einsetzende Rezession traf sie besonders hart, und viele Banken gingen bankrott. Nach dem Tiananmen-Massaker verloren einige Geschäftsleute das Vertrauen in die Vertragstreue China und verringerten ihr Engagement in Hong Kong. Mittlerweile hat sich das Wachstum bei rund 5,3 % eingependelt. 1994 betrug es 5,5 %. Hinter diesen Zahlen verbirgt sich ein riesiges Wachstum in absoluten Zahlen. Im Zeitraum von 978 bis 1988 stieg das BSP in realen Zahlen um rund 240 %.
Ein mittlerweile wieder wichtig gewordener Punkt in der Wirtschaft der Kolonie ist die Transportkapazität. 1995 wurden im Containerterminal 12,5 Millionen Twenty-feet Eqivalent Units umgeschlagen. In den ersten sieben Monaten von 1996 war ein Anstieg um 4,3 % zu verzeichnen. Er ist heute der drittgrößte Containerhafen der Welt. Gemessen an seiner Kapazität ist der Terminal der Hafen mit der höchsten Umschlagrate in der Welt. Der Flughafen Kai Tak hat einen großen Anteil am Transportvolumen der Kolonie, obwohl er nur über eine Landebahn sowie ein Frachtterminal verfügt. 1995 wurden dort 1,5 Millionen Tonnen Fracht umgeschlagen. Das Flugzeug ist auch das am meisten benutzte Personenbeförderungsmittel für Überseereisen. So wurden 1995 27,4 Million Passagiere befördert. Damit liegt der Flughafen weltweit an dritter Stelle im Passagieraufkommen in Bezug auf internationale Flüge.
Das Exportvolumen betrug 1994 168,7 Milliarden US$. Darin enthalten ist ein Re-exportanteil (Zwischenhandelsanteil) von 121 Milliarden US$. Haupthandelspartner hierbei waren China mit 36%, die USA mit 23 %, Deutschland mit 5 %, Japan mit 5% und Großbritannien mit 3%.
1994 wurden Waren im Wert von 160
Milliarden US$ nach Hong Kong importiert. Zu beachten ist
hierbei jedoch, daß wie oben genannt Waren im Wert 121
Milliarden US$ wieder exportiert werden, so daß effektiv
überwiegend Rohstoffe im Wert 39 Milliarden in die Kolonie
importiert wurden. Die Haupthandelspartner hierbei waren China
mit 36%, Japan mit 19%, Taiwan mit 9% und die USA mit 7%.
Sonstiges:
Die Arbeitslosenrate fiel seit der Mitte der 80er Jahre auf ein Niveau von 3 % (Stand September 1996: 2,8 %). Bis auf saisonal bedingte Schwankungen konnte sie in den vergangenen drei Jahren relativ konstant gehalten werden.
Hong Kong weist eine verglichen mit Deutschland hohe Inflationsrate von 6,4 % auf (Stand September 1996). Sie ist seit Januar 1995 von dem damaligen Höchststand von 10,1 % ständig gefallen. Verantwortlich hierfür ist die geringere Steigerung der Lebenshaltungskosten.
Der Hong Kong$ ist seit 1985 mit einem festen Wechselkurs von 7,8 / 1 an den US$ gekoppelt.
1. Vergleich
zweier Zukunftsprognosen
Marc Faber, ein schweizer Investmentberater, der schon seit 22 Jahren in Hong Kong lebt und arbeitet, sowie Oskar Weggel, ein Ostasienexperte des Instituts für Asienkunde in Hamburg, haben ein Prognose über die Entwicklung der Wirtschaft nach 1997 abgegeben.
Nach Fabers Vorhersage ist Hong Kong bereits verloren. Der Hauptgrund für den zukünftigen Untergang sei die Auflösung des Handelsmonopols mit China. Dank der "Politik der offenen Tür" seien mittlerweile viele Geschäftsleute dazu übergegangen, direkt in China zu investieren und auch ihre Handelsgeschäfte direkt vor Ort ohne den Umweg Hong Kong zu tätigen. Der gleiche Trend sei auch beim Tourismusaufkommen zu verzeichnen. Vor 20 Jahren mußte fast der gesamte Einreiseverkehr nach China durch die Kolonie, heute könnten viele Flughäfen in China direkt angesteuert werden. Ein weiterer Punkt, der für den Niedergang Hong Kongs stünde, sei die Entspannung zwischen China und Taiwan. Zur Zeit liefen zwar die meisten taiwanesischen Geschäfte in China über Hong Kong, doch trotz der Drohgebärden Chinas nähere sich Taiwan an China an. So bestünden schon wieder direkte Schiffsverbindungen zwischen Taiwan und dem Festland und Flugverbindungen würden bald folgen. Nach 10 Jahren sei der Wirtschaftsstandort Hong Kong vollständig demontiert.
Während Faber den wirtschaftlichen Untergang der Kolonie schon besiegelt sieht, macht Oskar Weggel die Zukunft Hong Kongs vom Verhalten Chinas abhängig. Wenn China wirklich die in der Joint Declaration und in der Basic Law gemachte Versprechung hält und den status quo für 50 Jahre weitgehend unangetastet läßt, werde sich die Kolonie weiterhin positiv entwickeln. Die Chancen, daß diese Entwicklung eintritt, seien sehr groß. Dafür spreche die Vernetzung der Wirtschaft der südchinesischen Provinzen mit Hong Kong. Wenn China die Kolonie zu Grunde richte, bedeute dies gleichzeitig den Untergang Südchinas. Obwohl China aufgrund des Tiananmen-Massakers einen großen Vertrauensverlust zu beklagen hatte, habe es dennoch bislang nie einen völkerrechtlichen Vertrag gebrochen. Wenn sich China allerdings in die Belange der Kolonie einmische, sei der Niedergang des Wirtschaftsstandorts nur noch eine Frage der Zeit, denn Hong Kong sei nur deswegen so erfolgreich, weil es während fast aller Krisen in der Region Ruhe und Ordnung aufrechterhalten konnte. Investoren hätten sich in der Vergangenheit deswegen für die Kolonie entschieden, da hier politische Stabilität gewährleistet war. Wenn das kommunistische China nun diese Stabilität durch Eingriffe gefährde, würde schnell ein Kapitalabzug erfolgen.
Weggel sieht Hong Kong als Teil des Aufschwungs in Südostasien. Faber ist der Ansicht, daß sich die Wirtschaftskraft der Noch-Kolonie in die neuen chinesischen Wirtschaftszentren verlagern wird. Indiz dafür wären großen Investitionen der Zentralregierung in Shanghai und Tianjin.
2. Eigene
Bewertung der Zukunftsaussichten
Laut der Joint Declaration sollen die Gesetze in Hong Kong nach dem 1.7.1997 "im wesentlichen unverändert bleiben". Weil die meisten Aussagen aus Beijing zu diesem Thema ähnlich vage sind und Regierungssprechern noch immer eine nachträgliche Legitimation für Vertragsbrüche eingefallen ist, gehen wir in diesem Kapitel nicht näher auf offizielle Verlautbarungen ein.
Eine viel bessere Zukunftsprognose läßt sich von einer Untersuchung von Geschichte, Wirtschaft und Kultur und den aktuellen Handlungen der beteiligten Regierungen ableiten. Im ersten Abschnitt dieser Arbeit wurde eine Bestandsaufnahme der Fakten vorgenommen, aus denen in diesem Resümee Schlüsse gezogen werden sollen. Dabei werfen sich folgende Fragen auf:
- Wie wirkt sich die Übergabe auf die Wirtschaft aus ?
- Welche Folgen ergeben sich für Politik und Privatleben?
Diese Seite wurde von Markus Beier erstellt. Sie wurde das letzte Mal am 17.07.1999 aktualisiert.