1.4.3. Wende der britischen Politik wegen Sieg der Kommunisten 1.4.4 Stabilität wird zum entscheidenden Standortvorteil 1.4.5. Maßnahmen der Regierung 1.4.6. Chinas Hong Kong - Politik von 1949 bis 1982 1.5. Hong Kong wird zum High - Tech Standort 1.5.1. Infrastrukturausbau und Schaffung sozialer Mindeststandards durch die Regierung 1.5.2. Konkurrenz zu Sonderwirtschaftszonen und Abwanderung der arbeitsintensiven Industrien 1.5.3. Wiederaufleben des Zwischenhandels und Entwicklung zum Dientsleistungszentrum
1.4.3. Wende der britischen Politik wegen Sieg
der Kommunisten
Um der Bedrohung der Kronkolonie durch die Kommunisten zu
entgehen, setzten die Briten auf eine Rückkehr zum autoritären
Führungsstil früherer Tage. Sie sahen in den politisch aktiv
gewordenen Gewerkschaften einen möglichen Ansatzpunkt für eine
kommunistische Einflußnahme auf ihren Besitz. Also wurde sofort
wieder eine sehr einschränkende Gewerkschaftsgesetzgebung
erlassen. Auch wurden alle demokratischen Reformen des
Young-Planes zurückgenommen. Obwohl es sonst eher schwierig ist,
einmal gewährte Rechte zurückzunehmen, gelang es in
Hong Kong nahezu reibungslos, da mit dem Sieg der
Kommunisten auf dem Festland, die Bewohner der Kolonie
eingeschüchtert waren und eine baldige Eingliederung in die VR
China befürchteten. Das bedeutete eine erneute Unabhängigkeit
der Kolonialregierung von irgendwelchen Interessengruppen. Ferner
wurde so die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt, da nun wieder die
Gesetze des Marktes herrschten.
1.4.4 Stabilität wird zum
entscheidenden Standortvorteil
In den folgenden Jahren profitierte die Kolonie wirtschaftlich
von der Instabilität einiger Mächte im südostasiatischen Raum.
Es begann mit dem Ausbruch des Koreakrieges. Die Vereinten
Nationen erließen ein weitreichendes Handelsembargo über das
Nordkorea unterstützende China. Das war das Ende des
Zwischenhandelshafen Hong Kong und der Beginn des
Industriestandortes. An diesem Beispiel zeigt sich deutlich die
Flexibilität des Standortes Hong Kong. Die Unternehmer
wurden gezwungen, sich durch den scheinbar dauerhaften Wegfall
des Chinahandels neu zu orientieren. Da die Kolonie selbst nicht
über exportierbare Rohstoffe verfügt und kein besonderes
technologisches Know-how besaß, aber mit enormen
Flüchtlingsströmen "gesegnet" war, lag es nahe, eine
arbeitsintensive Industrie aufzuziehen. Die Textilindustrie
eignete sich besonders für dieses Vorhaben. Zum einen ist sie
sehr arbeitsintensiv und erfordert wenig Qualifikation der
Arbeiter, zum anderen gab es schon viele Unternehmer aus
Shanghai, die über das Wissen und oft schon über die Maschinen
verfügten, eine Produktion von Textilwaren aufzubauen.
Hong Kong profitierte außerdem von der Angst vieler
Investoren im südostasiatischen Raum. In Malaysia, Indochina und
Indonesien gab es starke kommunistische Parteien. Aus Angst, daß
diese an die Macht kommen könnten, verlagerten auch viele
ausländische Investoren ihre Aktivitäten in dem Wirtschaftsraum
nach Hong Kong. Dadurch war auch auf lange Sicht genügend
Investitionskapital vorhanden. Hier liegt auch der Ursprung des
Finanzzentrums Hong Kong. Durch die Ansiedlung der Industrie
wurde das Flüchtlingsproblem merklich abgeschwächt.
1.4.5. Maßnahmen der Regierung
Um der Kolonie beim wirtschaftlichen Aufschwung zu helfen, wurden
wieder viele Projekte in Angriff genommen, die die Infrastruktur
verbessern sollten. So wurde in den 50er Jahren der Flughafen Kai
Tak ausgebaut. Auf Kowloon wurden Wasserreservoirs eingerichtet,
um den Wasserbedarf der Textilindustrie zu decken.
Da 1949 die Stärke der Gewerkschaften durch die strenge Gesetzgebung weit gesenkt wurde, legte nun der Markt die Preise für Arbeitskraft fest. Aufgrund der anhaltenden Flüchtlingsströme aus China war das Angebot sehr groß. Die Löhne wurden von den Unternehmern über lange Zeit auf einem niedrigen Niveau gehalten. Die Löhne sanken sogar wieder während der Zeit der Ölkrise in den 70ern. Daher traf die Kolonie diese Krise auch nicht so stark wie andere Länder mit starken Gewerkschaften. Das heißt nicht, daß Hong Kong streikfrei ist. Doch in der Gewerkschaftsgesetzgebung von 1949 wurde festgelegt, daß die Regierung an allen Tarifstreitigkeiten teilnehmen muß. Sie konnte sogar ein für beide Parteien bindendes Schiedsverfahren anordnen.
1.4.6. Chinas Hong Kong - Politik von
1949 bis 1982
Die politische Schwäche der Gewerkschaften ist erstaunlich, da
es China ein leichtes gewesen wäre mit Drohungen eine Lockerung
der Gesetze zu erwirken. Doch es kam nie so weit, da das System
auch für China seine Vorteile hatte. In den 50ern ließ sich in
der Kolonie das Embargo durch Schmuggel umgehen. Später vor
allem nach dem Bruch mit Moskau war Hong Kong eine Chance,
aus der wirtschaftlichen Isolation herauszukommen. Nach der von
Deng Xiao-ping eingeleiteten "Politik der offenen Tür"
begann der chinesische Staat sich aktiv in Hong Kong zu
engagieren. Hauptsächlich über die schon etablierte "Bank
of China" sowie über staatseigene Investmentgesellschaften.
Diese Beziehungen der Kolonie zwischen China und Hong Kong
führten zu einer Art Stillhalteabkommen. Großbritannien hielt
sich aus der chinesischen Politik heraus und würde im Falle
einer Einnahme Hong Kongs stillhalten, China verzichtete
dafür auf eine unangekündigte Intervention und auf die
Mobilisierung der Industriearbeiterschaft.
1.5. Hong Kong wird zum High - Tech
Standort
Die Bildungsmaßnahmen haben bewirkt, daß die Struktur der
Industrie sich auf Bereiche verlagern konnte, für die eine
größere Qualifikation nötig ist und die ohne riesigen
Maschinenpark auskommen. Auf diese Weise wurde Hong Kong
Anfang der 80er zum Produktionsstandort für elektronische Waren
wie Computer, Halbleiterchips und Digitaluhren. Auf diese
Entwicklung wurde von der Regierung aktiv hingearbeitet. Da sie
die Vergabe von Grundstücken kontrollierte, erhielten anfangs
Betriebe der Petrochemie besondere Konditionen. So wurde die
Basis für eine Plastikproduktion gelegt. Das Öl konnte direkt
aus dem südostasiatischen Raum importiert werden. Hong Kong
wurde zu einem der größten Exporteure von Plastikspielzeug.
1.5.1. Infrastrukturasbau und
Schaffung sozialer Mindeststandards durch die Regierung
Die Veränderung hin zu technologieintensiveren
Industriestrukturen war wegen der Erhöhung des Lohnniveaus
nötig geworden. In den 70ern hielt der Sozialstaat in gewissem
Umfang Einzug. Die Ereignisse der Kulturrevolution hatten die
Regierung der Kolonie aufgeschreckt. Mit den folgenden Maßnahmen
sollte die Lage entschärft werden, da es auch in Hong Kong
zu Unruhen gekommen war. Sie ebbten sehr schnell ab, als klar
wurde, daß die chinesische Führung noch nicht die Absicht
hatte, die Kolonie einzugliedern. Es folgten keine direkten
Forderungen nach sozialer Absicherung, aber man wollte einer
Wiederholung vorbeugen. Deshalb wurde 1971 ein neues
Wohnungsbauprogramm eingeleitet. Seit 1971 ist auch die
schulische Grundausbildung kostenlos. 1981 wurde das gesamte
Bildungswesen kostenfrei. Um den Bildungsstand effektiv zu
erhöhen, initiierte die Regierung den Bau von weiteren Schulen
und Universitäten. So wurden neben den zwei schon existierenden
Universitäten noch zwei Fachhochschulen gebaut. Zusätzlich zu
diesen Maßnahmen, die auf eine Verbesserung der Infrastruktur
abzielten, gab es auch Eingriffe in die Wirtschaft. Im Rahmen der
Sozialgesetzgebung wurde die 48-Stundenwoche (vorher 60)
festgesetzt, sieben bezahlte Urlaubstage pro Jahr eingeführt,
Sicherheitsstandards für Arbeitsplätze beschlossen und es wurde
ein Kündigungsschutz bestimmt. Die soziale Absicherung der
Arbeiter ging auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit. Doch dank der
Bildungspolitik hatte sich die Kolonie diesmal einen
entscheidenden Standortfaktor aufgebaut.
1.5.2. Konkurrenz zu
Sonderwirtschaftszonen und Abwanderung der arbeitsintensiven
Industrien
Als dann Ende der 70er die Sonderwirtschaftszonen eingerichtet
wurden, stand nun ein sehr viel billigerer Produktionsstandort
zur Verfügung. Auf diese Art und Weise kam es, daß sich die
Textilindustrie mehr und mehr in die benachbarte
Wirtschaftssonderzone Shenzen verlagerte. Hong Kong vollzog
die gleiche Verlagerung der Sektoren wie alle modernen
Industrieländer. Landwirtschaft gab es in der Kolonie nur im
geringstem Maße, so daß deren Anteil kaum weiter sinken konnte.
Im sekundären Sektor trat eine Verlagerung von arbeitsintensiven
dafür aber keine hohe Qualifikation erfordernden
Produktionsabläufe in Gebiete mit niedrigeren Lohnkosten. Die
Betriebe, die eine moderne Infrastruktur sowie auf Technologie
angewiesen waren blieben in Hong Kong. Dafür stieg der
Anteil des Dienstleistungssektors was sich mit der erneuten
Rückkehr zum Zwischenhandelshafen abzeichnete.
1.5.3. Wiederaufleben des
Zwischenhandels und Entwicklung zum Dientsleitungszentrum
Mit der "Politik der offenen Tür" trat die VR China
wieder als wichtigster Handelspartner der Kolonie auf den Plan.
Um dieser Funktion wieder gerecht zu werden, wurde sofort mit dem
Bau eines modernen Containerterminals begonnen, der 1976
fertiggestellt wurde. Er war über 5 Jahre hinweg der größte
Containerhafen der Welt. Vorher war der Hafen nur schlecht
ausgebaut. Lange Zeit war er sogar nur das Naturbecken aus
Gründertagen geblieben und die Schiffe mußten mit Hilfe von
Leichtern gelöscht werden. Der Trend hin zum Handelshafen und
Dienstleistungsstandort wird sich wohl aus den oben genannten
Gründen weiter vollziehen. Ein Schritt in diese Richtung wurde
auch mit der Planung bzw. Bau des 127 Milliarden HK$ teuren
Flughafens auf der Insel Chek Lap Kok getan.
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Chek
Lap Kok: Zeichnung des im Bau befindlichen Flughafens Chek Lap Kok. Der Flughafen soll bis 1998 fertiggestellt sein. Er ist das ergeizigste Bau-projekt der Welt. Beim Bau wurde das Areal der Insel um das vierfache durch Aufschüttungsmaßnahmen vergrößert. Die Verkehrsanbindung erfolgt über ein 2,3 km lange zweistöckige Brücke, die sogar die Golden Gate Bridge an Länge übertreffen wird. |
Um ihn errichten zu können, wurde die Insel eingeebnet und das Meer rund um die Insel aufgefüllt. Die neu entstandene Fläche ist circa 4mal so groß wie die eigentliche Insel Chek Lap Kok. Der Flughafenbau zieht auch weitere Mammutprojekte nach sich. So soll der Flughafen über eine rund 2,3 km lange zweistöckige Brücke mit der Insel Hong Kong verbunden werden. Dieses Projekt wurde zum Zankapfel zwischen China und Großbritannien. Die chinesische Regierung fühlte sich bei der Entscheidung übergangen. Sie befürchtete, daß die Finanzierung nach Übergabe der Kolonie zum Milliardengrab ähnlich wie der Kanaltunnel, der Frankreich mit Großbritannien verbindet, wird. Nach langen Verhandlungen zwischen Regierungsvertretern kam man zu der Übereinkunft, daß der Bau von China gebilligt wird, die Briten versprachen im Gegenzug, eine "eiserne" Reserve von 25 Milliarden HK$ in der Staatskasse der Kolonie zu hinterlassen.
Hong Kong entwickelte sich in den 80er Jahren rasant vom Billiglohnland zum modernen Wirtschaftsstandort mit den selben Merkmalen wie andere westliche Industrieländer. Obwohl das Lohnniveau gestiegen ist, hat Hong Kong im Vergleich zu anderen Industrienationen noch extrem niedrige Lohnkosten gerade im Bereich der qualifizierten Arbeitsplätze. Allgemein wird die Kronkolonie als "Newly Industrialized Country" (NIC) bezeichnet.
Diese Seite wurde von Markus Beier erstellt. Sie wurde das letzte Mal am 17.07.1999 aktualisiert.