1.3. Erster Aufstieg Hong Kongs zum Zwischenhandelszentrum
	1.3.1. Bedrohung durch andere Kolonialmächte
	1.3.2. Ausweitung des Territoriums
		1.3.2.1. Zweiter Opiumkrieg
		1.3.2.2. Annexion der New Territories
	1.3.3. Wirtschaftliche Ausbauphase
	1.3.4. Niedergang durch Überbevölkerung
	1.3.5. Besetzung durch Japan
1.4. Nachkriegszeit
	1.4.1. Anfängliche Dekolonialisierung
	1.4.2. Kapitaltransfer durch Shanghais Industrielle
HomepageVorwort

Seitenanfang1.3. Erster Aufstieg Hong Kongs zum Zwischenhandelszentrum


Die ersten Maßnahmen des ersten Gouverneurs waren zum einen die Aufstellung einer Polizeitruppe, um die enorme Kriminalitätsrate zu verringern, zum anderen der Aufbau einer medizinischen Grundversorgung, was wegen der hohen Seuchengefahr sehr von Nöten war. Alle Maßnahmen der Regierung zielten auf eine Verbesserung der Infrastruktur der Kolonie ab. Da mit dem Vertrag von Nanjin weitere Häfen dem Freihandel geöffnet wurden, stieg der Wettbewerb unter den Zwischenhandelshäfen enorm. In diesem Sinne wurde auch Privatbesitz von Land auf Hong Kong verboten. So konnte die Regierung mit günstigen Angeboten gezielt die Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen steuern. In den 1970er Jahren wurde auf diese Weise die amerikanische Firma Dow Chemical nach Hong Kong gelockt, da man den Aufbau einer technologieintensiven Industriestruktur fördern wollte. Land wurde nur nach einer öffentlichen Ausschreibung an den Meistbietenden auf 75 Jahre verpachtet. Nachdem eine Minimalinfrastruktur aufgebaut war, um Hong Kong als Zwischenhandelshafen zu etablieren, ruhten die Bestrebungen diese weiter zu verbessern.


Seitenanfang1.3.1. Bedrohung durch andere Kolonialmächte


Die Infrastruktur der Kolonie wurde erst wieder ausgebaut, als Hong Kong für die Briten eine erhöhte strategische Bedeutung erhielt. Bislang hatte die Kolonie ihren Zweck erfüllt. Hong Kong hatte sich als feste Größe im Zwischenhandel etabliert, die Kontakte mit China verliefen für Großbritannien günstig und die Führungsposition im Handel in Südostasien war unangefochten. Dies änderte sich mit dem beginnenden Kolonialisierungswettlauf der europäischen Großmächte zur Blütezeit des Imperialismus. Es zeichnete sich ein Dreierwettlauf zwischen Frankreich, Rußland und Großbritannien ab. Rußland drang von Norden her nach China ein, und Frankreich besetzte im Verlauf des französisch-chinesischen Krieges von 1884 bis 1885 große Teile der an Hong Kong angrenzenden Provinzen. Großbritannien sah hierin eine direkte Bedrohung ihrer Kolonie. Als sich diese Entwicklung schon leicht abzuzeichnen begann, versuchte Großbritannien das Areal ihrer Kolonie zu vergrößern.


1.3.2. Ausweitung des Territoriums

Seitenanfang1.3.2.1. Zweiter Opiumkrieg


So wurde die Durchsuchung des als Schmuggel- und Piratenschiff verdächtigten britischen Frachters "Arrow" zum Vorwand genommen, China den Krieg zu erklären. In dieser Weise begann 1856 der "zweite Opiumkrieg", den China erneut verlor. In zwei Friedensverträgen mußte China weitere Zugeständnisse an Großbritannien machen. Im Vertrag von Tianjin und der "Konvention von Peking" mußte China 1858 bzw. 1860 weitere Häfen dem Freihandel öffnen, Missionaren den Zug ins Landesinnere erlauben, den Opiumhandel legalisieren und die Erweiterung der Kolonie genehmigen. China mußte auch britischen Diplomaten den Aufenthalt in Beijing gestatten. In die Kronkolonie wurde die gegenüberliegende Halbinsel Kowloon, zu deutsch "Neun Drachen", eingegliedert. Dies fand auch den Beifall der Händler auf Hong Kong, da sie den taifunsicheren Hafen schätzen gelernt hatten, ihnen für eine Verstärkung ihres Engagements jedoch einfach der Platz fehlte. Mit dem Krieg wurden gleich drei Ziele auf einmal erfüllt. Als erstes verbesserte sich so die Stellung Hong Kongs als Handelshafen, da sich neue Händler ansiedeln beziehungsweise eingesessene Händler ihre Kontore erweitern konnten, als zweites wurde eine militärische Pufferzone geschaffen und als drittes konnte man China zu einer erneuten Erleichterung des Handels zwingen.


Seitenanfang1.3.2.2. Annexion der New Territories


Die letzte Erweiterung der Kronkolonie konnte Ende des 19. Jahrhunderts durchgeführt werden. Frankreich hatte von der geschwächten Qing-Dynastie eine Stützpunktkonzession für die Kanton-Bucht erzwungen. Die Briten sahen hierin eine Bedrohung der Sicherheit Hong Kongs und rechtfertigten so die Besetzung des Gebietes landeinwärts von Kowloon bis zum Shenzenfluß, die "New Territories". Am 9.6.1898 wurde ein Vertrag unterzeichnet, der die Vergrößerung über die New Territories sowie über 235 kleinere Inseln bestätigte. Dadurch wuchs die Landfläche Hong Kongs um das zehnfache an. Doch hier trat ein entscheidender Unterschied zu den vorangegangenen Verträgen auf. Während die früheren Verträge besagten, daß das Land "auf ewig" bei Großbritannien verbleiben sollte, sollten die Neuerwerbungen nach 99 Jahren der "Verpachtung" an China zurückfallen. Als "Pacht" zahlen die Briten bis heute für das gesamte Areal 5.000 HK$. Das sind umgerechnet rund 700 US$. Daher wurden die britisch-chinesischen Verträge auch "ungleiche" Verträge genannt, da die Chinesen immer zum Abschluß der Verträge gepreßt wurden und nie eine angemessene Gegenleistung für die Landabgabe erhielten.


Seitenanfang1.3.3. Wirtschaftliche Ausbauphase


Diese letzte Vergrößerung war anfangs nur aus militärischen Gründen getätigt worden, später stellte sie sich auch wieder als fördernd für die Wirtschaft heraus. Zuerste wurde die britische Garnison aufgestockt und weit gestaffelte Verteidigungsanlagen errichtet. Die Ereignisse zogen nun auch wieder infrastrukturelle Maßnahmen nach sich. Das Straßennetz wurde erweitert, die medizinische Versorgung verbessert und neue Schulen gebaut. Besonders wichtige öffentliche Projekte waren die Versorgung der Stadt mit Elektrizität (1889), Bau der elektrischen Straßenbahn (1904) und die Eisenbahnverbindung von Hong Kong nach Kanton (1910). Wirtschaftlich hatten diese Maßnahmen weitreichende Konsequenzen. Zwar dienten sie primär nur dazu, die britische Vormachtstellung in Südostasien aufrecht zu erhalten, so brachten sie doch sekundär eine Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes. In das vorher sehr wilde Hong Kong hatte nun endlich die Zivilisation Einzug gehalten, wie sie die Händler von England her kannten. Um die Jahrhundertwende erreichte der Zwischenhandel seinen Zenit. Der Zwischenhandel war auch der einzige bedeutende Wirtschaftszweig. Der Industriestandort der Briten in dieser Gegend war Shanghai geworden.

Die nächsten Jahrzehnte verliefen wirtschaftlich gesehen bis auf wenige Ereignisse belanglos. Die Kolonialregierung beschränkte sich weiterhin darauf, nur eine grobe Rahmengesetzgebung zu beschließen, um eine größtmögliche ökonomische Freiheit der Händler zu gewährleisten. Dieser Bestrebung ist auch die Gewerkschaftsgesetzgebung der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts zu verdanken. 1925/26 schwappten Streikwellen von China in die Kolonie. Die dadurch politisch aktiv gewordenen Gewerkschaften wurden umgehend verboten.


Seitenanfang1.3.4. Niedergang durch Überbevölkerung


Eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation zeichnete sich durch die großen Flüchtlingsströme ab. Hong Kong war seit jeher eine Art Druckausgleichsbehälter für China. Alle dort unerwünschten Kräfte konnten nach Hong Kong "entweichen". Die Bevölkerungszahl der Kolonie stieg von 1851 bis 1931 von 33.000 bis 879.000. Anfangs rekrutierten sich die Flüchtlinge aus dem anitmonarchistischen Lager. Nach dem Erfolg der Revolution von 1912 und dem Niedergang der Qing-Dynastie kamen große Mengen Monarchisten. Mit diesen Flüchtlingströmen konnte die Kolonie noch fertig werden. Als die Nationalisten die Republik China ausriefen, verließen die Anhänger der Nationalisten die Kolonie, und die Monarchisten kamen. Besonders hart wurde die Kolonie von der japanischen Invasion in China von 1931 getroffen. Nach Besetzung der Mandschurei begann Japan 1937 mit der Besetzung großen Teilen Ostchinas. Auf diese Weise erreichte die Bevölkerungszahl Hong Kongs innerhalb kürzester Zeit circa 1,6 Millionen. Für eine so große Anzahl Menschen gab es nicht genügend Quartiere. Die Flüchtlinge lebten auf den Straßen und die alte Seuchengefahr kehrte zurück. Ebenso erreichte die Kriminalitätsrate wieder Höhen aus den Schmugglertagen der Kolonie. Abgeschreckt durch diese Dinge kehrten manche Händler Hong Kong den Rücken. Der Krieg brachte aber auch Aufträge für die Wirtschaft Hong Kongs. Hauptsächlich kamen Aufträge für kriegswichtige Güter wie zum Beispiel Gasmasken und Uniformen. Dieser Umstand bedeutete den Aufbau einer kleinen industriellen Struktur.


Seitenanfang1.3.5. Besetzung durch Japan


Bevor die Kolonie so die Arbeitslosigkeit effektiv senken konnte, begann einen Tag nach dem Angriff auf Pearl Harbour die Bombardierung Hong Kongs am 8.12.1941. Sie landeten wenig später auf der Insel, hungerten sie aus und konnten bereits am Weihnachtstag 1941 die britische Kapitulation entgegennehmen. Die Japaner maßen der Kolonie wenig wirtschaftliche Bedeutung zu, da der Zwischenhandel mit China über Hong Kong nun faktisch nicht mehr existent war. Während der Besatzungszeit verkam die Kolonie mehr und mehr. Durch Deportationsmaßnahmen verringerten die Besatzer die Bevölkerung auf circa 600.000.


1.4. Nachkriegszeit

Seitenanfang1.4.1. Anfängliche Dekolonialisierung


Als die Briten im Mai 1946 Hong Kong wieder in Besitz nahmen, lag die Wirtschaft am Boden. Es wurde Wiederaufbaumaßnahmen eingeleitet. Die Kolonie kehrte zu ihrer Bestimmung als Zwischenhandelshafen zurück. Doch inzwischen war eine erhebliche Liberalisierung in der Regierungspolitik Großbritanniens eingetreten. Im Zuge dieser Politik wurde auch die Entkolonisierung Hong Kongs beschlossen. Die Maßnahmen wurden im Young-Plan benannt nach dem damaligen Gouverneur festgelegt. Als erstes wurde das Gewerkschaftsverbot aufgehoben. Damit nahm auch wieder die durch die Gewerkschaften hervorgerufene Politisierung der Menschen zu. Die Gewerkschaften handelten schon 1946 die erste Tariflöhne aus, deren Erhöhung bereits 1947 in Streiks erkämpft wurde. In der Zeit der Entkolonisierung von 1946 bis 1949 verschlechterte sich so die wirtschaftliche Wettbewerbslage Hong Kongs enorm. Vor allem schreckten Investoren die gestiegenen Lohn- und Lohnnebenkosten ab.


Seitenanfang1.4.2 Kapitaltransfer durch Shanghais Industrielle


Eine Wende in diesem Prozeß trat 1949 ein. Erneut erhielt die Kolonie eine große strategische Bedeutung für England. Sie war durch den Bürgerkrieg in China bedingt. Als sich abzeichnete, daß die Kommunisten unter der Führung Mao Tse-tungs gegen die von Chiang Kai-shek geführten Nationalisten gewinnen würden, flohen viele Geschäftsleute vor allem aus Shanghai nach Hong Kong. Dies war ein immenser Glücksfall für die Kolonie. Da andere Länder nach dem Krieg Einreiseverbote für Bürgerkriegsflüchtlinge erlassen hatten, waren die Menschen gezwungen, nach Hong Kong oder Taiwan zu fliehen. Nach Taiwan floh überwiegend die alte Verwaltungsschicht, während Hong Kong zur Anlaufstelle für die Industriellen wurde. Sie bedeuteten einen gewaltigen Kapital- und Know-how-Transfer. So wurden teilweise ganze Fertigungsanlagen der in Shanghai ansässigen Textilindustrie von dort in die Kolonie geschafft. Dies half beim Aufbau eines zweiten wirtschaftlichen Standbeines, das später dringend benötigt wurde.


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Diese Seite wurde von Markus Beier erstellt. Sie wurde das letzte Mal am 17.07.1999 aktualisiert.